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Zaha Hadid und ihr Traum vom Raum
Wird man eine besonders gute Architektin, wenn man gut in Mathematik ist? Bei Zaha Hadid könnte man diese Frage auf jeden Fall mit „ja“ beantworten. Die 1950 in Bagdad geborene Zaha studierte in Beirut zunächst ein Jahr Mathematik, bevor sie 1972 ihr Architekturstudium bei Rem Kolhaas an der Architectural Association School (AA) in London aufnahm. 1977 machte sie ihren Abschluss und beschloss, zu bleiben. London wurde ihre zweite Heimat, in der sie 1980 auch ihr eigenes Architekturbüro eröffnete. Es war kein leichter Weg, der vor ihr lag, aber Zaha ging ihn und wurde zur Star-Architektin, zum Superstar. Der Erfolg sollte jedoch zunächst auf sich warten lassen. Und das, obwohl Zaha 1988 in der legendären Ausstellung „Deconstructivist Architecture“ im New Yorker Museum für Modern Art mit ihrem Entwurf für ein Fitnessstudio auf Hongkong Island „The Peak Leisure Club” große Aufmerksamkeit erregte. Doch offensichtlich schreckte das Studio, das wie ein Vogelnest in das steil abfallende Gelände eingebaut werden sollte, potentielle Investoren wegen der radikalen Modernität ab.
Die Feuerwehr bringt den Erfolg
Trotz mehrerer gewonnener Wettbewerbe zwischen 1983 und 1993 gelang dem Büro von Zaha Hadid der große Durchbruch erst mit dem Bau des Feuerwehrhauses für den badischen Designmöbelhersteller „Vitra“ auf dessen Werksgelände in Weil am Rhein. Endlich kam es zu der lang ersehnten Realisierung eines ihrer Entwürfe. Wer das Gebäude sieht, glaubt kaum, dass es eine Feuerwache beherbergen könnte. Ein moderner, futuristischer Betonblock, ohne rechte Winkel, schiebt sich dort in die Landschaft. Erstarrte Bewegung, Anspannung und Alarmbereitschaft sollte der Bau nach Aussage von Zaha Hadid ausdrücken. Als Feuerwache wurde das Gebäude allerdings nur kurz genutzt, denn die Betriebsfeuerwehr löste sich auf und seither wird das Gebäude für Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt. Mit diesem Gebäude hatte Zaha Hadid den Zweiflern bewiesen, dass man ihre Bauwerke auch bauen kann und so ließen weitere Aufträge nicht lange auf sich warten.
Als erste Frau erhielt Zaha im Jahr 2004 den angesehenen Pritzker-Preis, die wichtigste Ehrung in der Architektur, quasi ein Nobelpreis. Sie wurde damit auch eine Wegbereiterin für erfolgreiche Frauen in der Architektur, denen oftmals nur die Rolle als Mitinhaberin eines Architekturbüros zugestanden wurde.
Ein Nesthäkchen in Bagdad
Zaha war das dritte Kind der Familie. Ihre Brüder waren wesentlich älter als sie, so dass sie fast wie ein Einzelkind aufwuchs. Ihr Vater, ein wohlhabender Geschäftsmann und der Führer der demokratischen Partei in Bagdad, hatte an der London School of Economics studiert. Dementsprechend wuchs die junge Zaha in einem offenen, kosmopolitischen Elternhaus in einer spannenden Zeit auf. Politik und Gesellschaft im Irak waren dem Leben und den Ideen der westlichen Welt gegenüber positiv eingestellt und aufgeschlossen. Auch Frauen durften und sollten hierin einen Platz haben. Auf der Suche nach einer neuen Identität lud der Irak Architekten wie Frank Lloyd Wright, Alvar Alto und Le Corbusier ein, Pläne für ein neues Bagdad einzureichen. Das Universitäts-Gebäude von Walter Gropius zeugt noch heute von dieser Zeit. Und auch Zaha selbst wuchs in einem Wohnhaus auf, das im modernen Bauhaus-Stil entworfen worden war. Von ihren Eltern wurde sie geliebt und gefördert. Sie bezeichnet sich selbst als sehr neugieriges Kind, das ihre Eltern täglich mit tausenden von Fragen löcherte. Insbesondere ihr Vater beantworte diese sehr geduldig. Gemeinsam mit Mädchen jüdischen, christlichen und muslimischen Glaubens besuchte sie eine von Nonnen geleitete katholische Klosterschule. Nachdem der Diktator Saddam Hussein die Macht im Irak übernommen hatte, verließ die Familie das Land. Ihre weitere Schulzeit verbrachte Zaha in Internaten in der Schweiz und in England.
Mein Traum vom Raum
Zaha Hadid stellt in ihren Entwürfen immer die Selbstverständlichkeit des Bauens in Fragen. Sie hat den Traum, Raum anders und neu erfahrbar zu machen. Das etwas nicht umsetzbar sein soll, lässt sie nicht gelten. Und es sind nicht einfach nur Gebäude, die Zaha Hadid entwirft. Sie fließen in die Landschaft, zerschmelzen, ragen in den Himmel empor, sie scheinen sich zu bewegen und lassen uns glauben, in einer anderen Welt zu leben.
Ende März ist Zaha Hadid überraschend im Alter von 65 Jahren an einem Herzinfarkt in Miami gestorben. Ein großer Verlust, nicht nur für die Welt der Architektur.
Der 2013 fertig gestellte Jockey Club Innovation Tower bietet auf dem Campus der Polytechnischen Universität Hongkong Platz für 1.800 Studierende und Mitarbeiter und verbindet Räume für die Lehre mit Laboren, Workshops und Ausstellungsflächen (Foto links: Iwan Baan, Zeichnung rechts: Zaha Hadid Architects)
Beitrag von: Franziska Plessr
Bildquelle: Christian Richters